Kurze Beschreibung des Filmes

Hat der Gesundheitsminister doch recht gehabt?

Es ist heiß an diesem Junitag. Die starken Sonnenstrahlen dominieren nahezu jeden Quadratmeter der Stadt zwischen Rhein und Neckar und wollen entweder die Plakate der Toleranz überstrahlen oder ihnen sogar den Platz streitig machen.

Wo kommt überhaupt diese Schwüle her? War es letztes Jahr genau so heiß oder ist es vielleicht die tödliche Hitze, vor der, der Gesundheitsminister die Menschen warnt? Für Oskar ist es ein gewöhnlicher Tag – oder doch nicht? Denn Oskar weiß seit Jahren nicht mehr, was ein gewöhnlicher Tag ist. Oskar, einst ein erfolgreicher Schriftsteller, Beststellerautor und gefragter Talkshowgast, lebt heute in der gesellschaftlichen Isolation. Isolation? Warum? Was hat er verbrochen? Noch bis vor fünf Jahren schmückten sich die linksprogressiven Feuilletons mit Buchbesprechungen seiner Romane und mit Interviews mit ihm. Oskar war ihr charmanter Held, smarter Vorzeige-Literat und witziger Intellektueller, allerdings nur bis 2015.

Wie vom Teufel geritten, hat der inzwischen in die Jahre gekommene Sunnyboy der Kult-Schickeria ab 2015 gewagt, die Mainstream-Politik seiner Gönner aus Medien und Politik zu kritisieren. Er glaubte, in einer unkontrollierten Masseneinwanderung, bei der sich Millionen Menschen auf das Asylrecht berufen, einen Missbrauch dieses Grundrechts zu erkennen. Er war immer stolz gewesen, dass das Recht auf Asyl im Grundgesetz verankert war, und wusste nur zu gut, dass viele deutsche Intellektuelle im Dritten Reich nicht die Chance hatten, Zuflucht im Ausland zu finden und dort Asyl zu bekommen. Dennoch war er instinktiv dagegen, dass Deutschland theoretisch jeden auf dieser Welt, der in seinem Land unzufrieden ist, aufnimmt. Er war der Überzeugung, dass Deutschland bald bei dieser dauerhaft ungeregelten Zuwanderung in unbegrenzter Höhe zusammenbrechen und am Ende weder sich noch anderen tatsächlich verfolgten Menschen helfen werden würde, weil sein Rechts- und Sozialstaat auf solche Entwicklungen nicht vorbereitet sei.

Er kann sich noch sehr gut erinnern. Es war kurz vor seinem fünfzigsten Geburtstag als er wie er heute sagt, begann wahrzunehmen, dass sich seine Ansichten um 180 Grad, wohl gemerkt, nicht um 360 Grad veränderten. Wird man konservativ, wenn man alt wird? Beginnt man dann die Liebe zur Heimat zu entdecken? Solche Gedanken hätte er sich als junger linker Intellektueller nie vorstellen können. Oskar verstand sich immer als Kosmopolit und betonte stets, seinen Wunsch von der dunkeln Vergangenheit seines Landes abnabeln zu wollen. Seltsam, aber wahr!

Seine vor ca. neun Jahren begonnene Ablehnung gegenüber der herrschenden Politkaste wurde mit der Zeit immer größer; die Einführung des Euros erschien ihm im Nachhinein als Fehler, auch die sogenannte Eurorettung, die Energiewende und er glaubte nicht mehr daran, dass Menschen in der Lage wären das Klima zu beeinflussen, geschweige davon es zu retten. Die Umwelt zu schützen ja, aber keine Klimagötter spielen. Er ertappte sich dabei, wie er nach über 20 Jahre älteren Artikeln über den sogenannten Klimawandel recherchierte, in denen behauptet wurde, bald stünde der Kölner Dom unter Wasser. Er konnte seine Abscheu kaum verbergen, wenn er an einen gewissen Al Gore dachte, der Milliarden mit seiner angeblichen Klimarettung scheffelte.

All das machte Oskar wütend. Er kann sich erinnern, wie er damals reagierte als die deutsche Bundeskanzlerin unter der Parole „wir schaffen das“, die Grenzen öffnete und Millionen Fremde ins Land hereinließ. Ab diesem Moment konnte er seine Entrüstung nicht mehr für sich behalten. Er suchte das Gespräch in seinem Bekanntenkreis und versuchte vor dieser in seinen Augen gefährlichen Entwicklung zu warnen aber wenige Freunde und Bekannte wollten von seinen „Spinnereien“ etwas wissen.

Er kann sich sehr gut erinnern, dass nahezu alle geladenen Gäste zu seinem fünfzigsten Geburtstag nicht erschienen sind. Schon damals ahnte er, dass schwere Zeiten auf ihn zukommen werden.

Das innere Exil ist die schlimmste Form der Heimatlosigkeit

Irgendwann begann für Oskar das Exil; das innere Exil. Er wusste nicht mehr, mit wem er sich noch austauschen sollte. Er zog sich zurück und begann, sich selbst in Frage zu stellen. Dann aber begann er in den sozialen Medien – was er sich früher nie hätte vorstellen können – seine Gedanken zu veröffentlichen und somit fremden Menschen seine Ansichten mitzuteilen. Weil er von früher berühmt war, hatte er binnen weniger Wochen über 200.000 Followers. So nennt man die Lesergemeinschaften in den Sozialmedien. Er musste sich eingestehen, dass er sich über diese neue gesichtslose Anhängerschaft freute. Sein Ego war wieder im Mittelpunkt und das Ganze ermutigte ihn dazu, seine Kritiken noch schärfer zu verfassen.

Das „Hassvideo“

Vor zwei Jahren hatte Oskar in seiner Wut einen Text verfasst und daraus sogar ein eigenes Video gemacht. Kaum in YouTube veröffentlicht, würde es über 900.000-mal aufgerufen und genau so viel geteilt, dann aber vom YouTube einige Tage später gelöscht. Für seine Frau, die seine geistige-politische Wende nie begriff, war das Video endgültig der Stein des Anstoßes. Kurz später zog sie mit der gemeinsamen heute 15-jährigen Tochter aus der gemeinsamen Wohnung in Mannheim aus und zog ins Ferienhaus der Familie im Odenwald ein. Inzwischen reichte sie die Scheidung ein. Sie hatte angekündigt, ihren Geburtsnamen wieder anzunehmen, weil sie sich inzwischen dafür schämt „Oskar“ zu heißen. Seine Tochter, eine aufgewecktes junges Mädchen, das sich eher mit den politischen Ansichten des Vaters sympathisiert, darf Oskar vorerst nicht mehr sehen, lediglich einmal pro Woche darf er mit ihr für 15 Minuten telefonieren – unter Aufsicht der Mutter. So hat es die Richterin angeordnet. Das Familiengericht begründete seine Entscheidung mit dem Argument, Oskar, könne mit seinen rechtsradikalen, menschenverachtenden und fremdenfeindlichen Ansichten, seiner Tochter schaden und ihre Sozialisierung negativ beeinflussen.

Inzwischen irrt Oskar seit zwei Stunden durch Mannheim. Zufällig läuft er die Beethoven Straße entlang. In diesem Haus aus der Gründerzeit, erblickte Oskar im Erdgeschoss das Licht vor 59 Jahren. Das herrschaftliche Haus hatten seinen Eltern bereits in den Neunzigern Jahren an einen großen Investor verkauft. Inzwischen sind nicht nur die Eltern, sondern auch sein einziger um zwei Jahre älterer Bruder verstorben, alle drei liegen im Familiengrab auf dem Mannheimer Zentralfriedhof. Gut zu wissen, wo man hingeht, wenn die Reise zu Ende ist, dachte Oskar, während er versucht, sein klatschnasses Hemd, das er ungebügelt anziehen musste, aus seinem Körper zu entkleben.

Seine Frau hatte das gemeinsam Haus verlassen, ohne ihm zu zeigen, wie er die Waschmaschine bedienen kann und da er als „der Mann mit den zwei linken Händen“ in der Familie galt, war er eher zu faul, um die Betriebsanleitungen durchzulesen.

Es ist in der Tat verflucht heiß, dachte sich Oskar, während er die ganze Stadt zwischen den zwei Flüssen abgelaufen war. Hat der Gesundheitsminister vielleicht doch recht? Verbrennen wir alle demnächst, nach dem wir Corona überleben konnten? Während Oskar über die Hitze, die Corona-Zeit und die staatlichen Übergriffe gegen die Menschenrechte und das Recht auf freie Meinungen nachdachte, bemerkte er nicht, dass die Überwachungskameras auf ihn gerichtet waren und ihn überall verfolgten. Die installierten Überwachungsapparate sind gerade dabei, seine persönlichen Daten zu erfassen und sein Verbrechen zu lokalisieren. Verbrechen? Welches Verbrechen? Ach ja, es stimmt, es war das von ihm produzierte böse Video, das inzwischen bei der Staatsanwaltschaft gelandet war und das nun nach §130 StGB als Volksverhetzung eingestuft wurde.

Die Nacht der Verhaftung

Es ist inzwischen nach Mitternacht. Held, ein wenig beschwipst, öffnet die Haustür, geht die Treppe hoch, geht in die Küche und macht sich einen heißen Tee. Er nimmt, wie seit über zwei Jahren ein starkes Schlafmittel, um überhaupt einschlafen zu können.

Das Schlafmittel beginnt zu wirken und wieder spürt er eine uralte Angst, Angst vor der leeren Wohnung, vor der Dunkelheit – so wie vor über 55 Jahren, als er ein kleines Kind war und bei der Großmutter übernachten musste und wie er zitternd auf sie wartete, wenn sie sich länger bei der Nachbarin aufhielt. Jetzt, wo er auf die 60 zugeht, ist diese Angst wieder da. Vielleicht weiß er intuitiv, dass heute Nacht etwas Unvorstellbares geschehen wird? Seine Intuition wird ihn nicht täuschen. Irgendwann tief in der Nacht, vielleicht war es in der Morgenfrühe, war es in der Dunkelheit lautes Klopfen zu hören und Stimmen „Machen Sie bitte auf, hier ist die Polizei mit einem Durchsuchungsbefehl“, Aufmachen, Aufmachen! War tatsächlich die Polizei bei Oskar Held Zuhause oder hat er das geträumt? Waren sie oder waren sie nicht?

 

Fortsetzung folgt….